Heute mal ein Exkurs nach Berlin mit rascher Rückkehr nach NRW. In der Hauptstadt gab es am Dienstagabend das berühmte Hoffest (4000 Gäste!) im Roten Rathaus. Das Sommerfest des Senats ist traditionell für manch feucht-fröhliche Eskalation bekannt. Dieses Jahr gab es - ganz nüchtern betrachtet - einen bizarren Skandal.
"Tagesspiegel"-Chefredakteur Lorenz Maroldt (62) harrte nämlich als einer der letzten Gäste auf der Party aus, als der DJ im Rathauskeller kurz vor 2 Uhr morgens Gigi D'Agostinos "L'amour Tourjours" spielte. Wie Maroldt in seinem "Checkpoint"-Newsletter gleich am nächsten Morgen notierte (Respekt!), kam das bei den Gästen nur so mittel an. Wollte der DJ aber nicht akzeptieren, so Maroldt:
"Vereinzelte Buh-Rufe, Kreuzbergs Ex-Bürgermeisterin Monika Herrmann und andere Party-Gäste verlassen unter Protest die Senatsdisco. Der DJ sagt: 'Das ist ein guter Song, den lasse ich mir von Nazis nicht kaputtmachen.' Doch die Tanzfläche bleibt leer und um zehn nach zwei ist die Party vorbei."
Am Morgen danach legte der DJ auf - und der Regierende nach. Kai Wegner sagte BILD & BZ:
„Solche Musik gehört nicht ins Rote Rathaus – weder dieses noch nächstes Jahr.“ Er sei draußen gewesen und habe es nicht mitbekommen. Der Regierende kündigte Konsequenzen an: „Wir müssen ja nicht zwingend jedes Jahr den gleichen DJ Musik machen lassen.“
Und tschüss.
Damit zurück nach NRW. Das Sommerfest der Landesregierung in der Berliner Landesvertretung ist lange vorbei und ich war mit Abstand nicht unter den letzten Gästen (beim Tagesspiegel hat man wohl mehr Kondition), von daher kann ich nichts zur Playlist sagen. Aber Gigi D'Agostino ist in NRW seit dem Skandal-Video von Sylt nicht nur ein Politikum, sondern auch immer wieder ein Fall für die Polizei. Die letzten Zahlen sind von Ende Juni. Da sagte mir ein Sprecher des Innenministeriums:
"Im Zeitraum November 2023 bis einschließlich 30. Juni 2024 sind der Polizei Nordrhein-Westfalen 96 Vorfälle bekannt geworden, bei denen zu den Klängen Gigi D’Agostinos Lied L'Amour Toujours verfassungsfeindliche und rassistische Äußerungen getätigt worden sein sollen."
Die AfD fragte danach noch mal nach, das Ergebnis kam vor ein paar Tagen als Antwort aus dem Innenministerium:
"In 95 Fällen besteht der Verdacht, dass mindestens einmal „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ skandiert worden sei."
Am Ende fragt man sich dennoch, ob der Berliner DJ nicht recht hat. Es ist ein geiler Song. Die Rechten haben ihn der Menschheit geklaut. Vielleicht bekommen wir ihn irgendwann zurück.
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