Die CDU mag den Taser. Die Grünen eher nicht. Die Grünen mögen Nationalparks. Die CDU eher nicht. Dennoch haben beide Themen ihren Platz im Koalitionsvertrag gefunden. Im Gegensatz zum Taser ist der zweite Nationalpark für NRW bislang keine Erfolgsgeschichte. So richtig will ihn keiner - die politischen Gremien vor Ort sind skeptisch oder haben entsprechende Pläne bereits abgelehnt, im Kreis Höxter soll ein Bürgerbegehren noch die Bewerbung für einen Nationalpark Egge retten. Besagtes Begehren hat gerade die nötigen Unterschriften (und noch viele mehr) zusammenbekommen, der Briefwahl-Akt selbst wird aber wohl erst im Frühjahr klappen.
Frühjahr...? Die Bewerbungsfrist für Nationalpark-Interessenten endet doch schon am 31. März! Denkste.
Auf Anfrage teilt das Umweltministerium nun mit: "Diese Diskussionen und vor allem die Bürgerbegehren dauern noch an und werden sich sicherlich auch erst im ersten Halbjahr konkretisieren. Um den Regionen die nötige Zeit für eine angemessene Auseinandersetzung mit der Frage der Bewerbung einzuräumen, ist die Bewerbungsfrist Ende des ersten Quartals 2024 ausdrücklich keine Ausschlussfrist." (Fettung von mir).
Das gleiche schrieb Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) im Januar auch dem Landrat des Kreises Kleve und den Kommunen, auf denen der mögliche Nationalpark Reichswald liegt. Botschaft: Kein Stress! Das ist gut - denn im Kreistag Kleve soll auch erst Ende April entschieden werden. Interessant: Krischer geht in seinem Brief auch auf Kritikpunkte am Nationalpark Reichswald ein. Quasi als oberster Nationalpark-Lobbyist des Landes schreibt Krischer zum Beispiel zum viel diskutierten Thema Umzäunung:
"Bekanntlich ist der Reichswald aktuell fast vollständig von einer Zaunanlage umschlossen. Bereits heute ist die Einzäunung keine 100 prozentige Barriere, denn an verschiedenen Stellen gibt es die Möglichkeit für das Wild, Öffnungen in der Zaunanlage zu nutzen. Im Falle eines Nationalparks spricht nichts Grundsätzliches gegen den Weiterbetrieb des Zauns, um- gekehrt auch nichts gegen seinen (teilweisen) Abbau. Hierzu könnte dann im Konsens mit den Kommunen und angrenzenden Flächeneigentümern eine Regelung in der Nationalparkverordnung oder im Nationalparkplan getroffen werden."
Auch die anderen Punkte wie Trinkwassergewinnung und die Auswirkungen auf benachbarte Flächen - kein Problem. Krischer schaut auch voraus und legt einen möglichen Fahrplan samt Lenkungsgruppe für eine eventuell erfolgreiche Bewerbung als Nationalpark vor. Das ruft erwartungsgemäß die Opposition auf den Plan: Die SPD im Landtag möchte nun gerne wissen, was aus der Bewerbungsfrist geworden ist, wann die neue endet und wem Krischer noch so Briefe mit Argumentationshilfen geschrieben hat. Krischer soll dem Umweltausschuss dazu schriftlich berichten. Meine Recherche zu dem Thema für die Siegener Zeitung findet man hier, eine kürzere Version für dpa z.B. hier.
Spoiler-Alarm: Eine Bewerbung eingereicht hat übrigens noch niemand.
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