Draußen schien die Sonne, im Fraktionssaal der SPD war die Stimmung am Dienstagvormittag eher bewölkt: Bei den turnusgemäßen (Wieder-)Wahlen des Fraktionsvorstands fiel der Fraktionsgeschäftsführer André Stinka im ersten Wahlgang durch. Danach trat er gar nicht erst wieder an, die Parlamentarische Geschäftsführerin Ina Blumenthal übernimmt erst mal kommissarisch den Job. Ein sehr ungewöhnlicher Vorgang. Man kann ihn eigentlich nur so lesen, dass man Fraktionschef Jochen Ott einen mitgeben wollte. Putscht die Fraktion jetzt etwa Ott fott?
Antwort: Nein. Aber... Ott bekam bei seiner Wiederwahl auch nur 73,5 Prozent der Stimmen (immerhin mehr als bei seiner Inthronisierung 2023). Also: Bei den Genossen rumort es im Landtag.
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Nachdem der ruhige Thomas Kutschaty durch den kölschen Lautsprecher Ott ausgetauscht worden war, hatten sich viele mehr erhofft. Ott begann flott (das war das letzte Wortspiel, versprochen): Er baute einen Elektrogrill auf seiner Büroterrasse auf, um bei seinen Antrittsgesprächen eine Currywurst zu servieren, er legte bei Social Media los, er bemühte sich um Humor im politischen Alltag (klappte nicht immer) und Härte in der parlamentarischen Debatte.
Vor wenigen Wochen stellte Ott seine Fraktion ohne Not - so sehen es zumindest selbst in der SPD manche - ins politische Abseits: Nachdem sich im Hintergrund CDU, SPD, FDP und Grüne im Grundsatz geeinigt hatten, einen gemeinsamen U-Ausschuss zum Terroranschlag von Solingen auf den Weg zu bringen, scherte die SPD plötzlich aus. Weil ihr das alles nicht schnell genug ging, legte sie einen eigenen Antrag für den U-Ausschuss vor. Die anderen Fraktionen waren düpiert. "So was macht man nicht", war der häufigste Satz, den man in diesen Tagen im Landtag hörte.
Letztlich packten die Genossen ihren Antrag wieder ein und es wird in der kommenden Woche dann doch einen gemeinsamen geben. Nach dem Fraktions-Eklat verschickte die SPD eine PM, in der sich Ott gewohnt kämpferisch gab:
„Unsere Konzentration liegt in den kommenden Wochen voll und ganz auf den aktuellen Haushaltsberatungen. Trotz eines Rekordhaushalts in Höhe von 105,5 Milliarden Euro will die schwarz-grüne Koalition mit ihren Kürzungsplänen die Axt vor allem in der Sozialpolitik anlegen.“ Ministerpräsident Hendrik Wüst und seine Landesregierung würden damit das über Jahrzehnte gewachsene soziale NRW zum Einsturz zu bringen. Ott: „Wir werden uns diesem Kahlschlag entgegenstellen und mit konkreten Vorschlägen zeigen, wie sowohl das soziale NRW erhalten und stabilisiert werden kann, als auch die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur und die Kommunen zu schaffen sind.“
Attacke.
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