top of page
AutorenbildOliver Auster

Ministerium: Flüchtlinge dürfen mit Bezahlkarte nicht ins Bordell gehen


Symbolfoto "sexuelle Dienstleistungen"
Symbolfoto "sexuelle Dienstleistungen". Foto: Unsplash

Kurz vor Weihnachten kam es zu einer ungewöhnlichen Aktion bei Instagram: Mehrere Grünen-Abgeordnete veröffentlichten dort zeitgleich eine "persönliche Erklärung" zur Bezahlkarte für Flüchtlinge, die im Landtag gerade mit der Mehrheit von CDU und eben den Grünen auf den Weg gebracht worden war. Auch im Plenarprotokoll wurde die Erklärung der vier Abgeordneten verewigt. Tenor: Eigentlich finden wir die Bezahlkarte Mist, wir haben jetzt aber trotzdem dafür gestimmt. Nicht aus Fraktionsdisziplin, sondern in "Anerkennung der verhandelten Verbesserungen." Gut drei Wochen später wurde am Montag nun die nötige Verordnung für die Bezahlkarte veröffentlicht. Mit ein paar interessanten Passagen...


So heißt es unter Paragraf 6 (nicht Sex):


"Der Einsatz der Bezahlkarte ist für folgende Waren- und Dienstleistungsgruppen und Angebote ausgeschlossen:

a.    Geldtransferdienstleistungen in das Ausland,

b.    Glücksspielangebote,

c.    sexuelle Dienstleistungen."


Okay... Punkt a) erschließt sich. Aber dass man konkret Glücksspiel und Prostitution ausschließt (den Erwerb von Cannabis aber zum Beispiel nicht), wirkt mindestens kurios. Zumindest ist es damit auch einmal gesagt. Die Verordnung hat natürlich noch viele weitere Punkte, die (wirklich) wichtig sind - unter anderem die Opt-out-Option für Kommunen. Heißt: Wer keinen Bock auf Bezahlkarte hat, kann auch drauf verzichten. Gerade dieser Paragraf hat laut der "persönlichen Erklärung" die vier Grünen mit dazu gebracht, dann doch noch für die Karte zu stimmen.


Der Städte- und Gemeindebund findet die Regelung dagegen misslich, wie es in einem Schreiben des Spitzenverbands aus dem November heißt:


"Aus Sicht der Kommunen ist ärgerlich, dass entgegen der Beschlussfassung in den Gremien der kommunalen Spitzenverbände in § 4 eine sog. Opt-Out-Regelung enthalten ist. Danach kann jede Kommune abweichend von den Regelungen dieser Verordnung beschließen, dass die Leistungen nach dem AsylbLG im Regelfall nicht in Form der Bezahlkarte erbracht werden. Dies bedeutet, dass die Tür für kommunalpolitische Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der Einführung der Bezahlkarte geöffnet ist."


Da hat der Verband wohl recht: Der Flüchtlingsrat NRW hat eine lange Tabelle mit Abstimmungen in Gemeindegremien veröffentlicht. Viele stimmten gegen die Bezahlkarte.


Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) verteidigt derweil die Karte. Für einen Artikel für den Kölner Stadt-Anzeiger gab Paul mir folgendes Zitat:


„Mit der Einführung der Bezahlkarte setzt Nordrhein-Westfalen den Beschluss der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vom November 2023 im Gleichklang mit 13 weiteren Bundesländern um. Wir führen die Bezahlkarte in NRW flächendeckend und einheitlich ein. Dabei wird der Prozess des Ausrollens, in Absprache mit den kommunalen Spitzenverbänden, nun in den Landeseinrichtungen starten und dann sukzessive auf die Kommunen übertragen. Wir schaffen eine pragmatische und rechtssichere Lösung für eine landesweite Bezahlkarte. Mit der Opt-Out-Regelung geben wir Kommunen, die eine etabliertes anderes Verfahren nutzen, dies auch zukünftig zu tun. Grundsätzlich gilt aber: NRW führt die Bezahlkarte flächendeckend und einheitlich ein. Das Land unterstützt die Kommunen auch finanziell und hat für die Kosten der Bezahlkarte 12 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.“


12 Millionen Euro. So viel hätte wohl jeder gerne auf seiner Bezahlkarte.


Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Gerne geschehen! Kostet Sie auch nichts. Aber: Das Landtagsblog lebt von Recherche - und Ihrer Hilfe. Haben Sie eine Info für mich? Schreiben Sie mir per Email an info@landtagsblog.de oder anonym über das Kontaktformular.





 







Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page