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AutorenbildOliver Auster

Wüst, die Mallorca-Verschwörung und Tom Clany

Vor vielen Jahren hockte ich als junger Boulevard-Reporter im Salon eines inzwischen verstorbenen Promifriseurs nahe dem Berliner Kudamm. Der Maestro blätterte gerade im Personenregister der "Bunte" und jubelte: "Hah, drei Mal drin!" Das Magazin war damals die Bibel zwischen "Adnan" und "Paris Bar", die Zahl der Nennungen im Register für viele das Maß der (unnützen) Dinge. In den letzten Tagen haben wieder viele mit dem Lesen hinten angefangen - nicht im People-Blatt, sondern einem Polit-Schmöker(chen). Die Hendrik Wüst-Biografie "Der Machtwandler" hat nämlich auch ein Register. Mancher wird sich gewundert/geärgert haben, dass er da drin nicht auftaucht – andere sind vermutlich nicht so erfreut.


So wie zum Beispiel Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU). die wird auf sieben Seiten angeführt. Damit liegt sie unter anderem vor Christian Lindner (vier Stellen) oder Gerhard Schröder (sechs). Das wäre an und für sich nicht weiter erwähnenswert, wenn es an einigen Stellen nicht ans Eingemachte gehen würde: So schreiben die Autoren Tobias Blasius und Moritz Küpper, das Scharrenbach nicht aus reinem Vergnügen bei der traurig berühmt gewordenen Feier der Familie Heinen-Esser auf Mallorca gewesen sei (neben dem damaligen Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner und der Ex-Staatssekretärin Serap Güler). Nein, Scharrenbach habe auf der Insel "vermutlich" einen "Mallorca-Pakt" gegen Wüst schmieden wollen.


Nach dem "Anden-Pakt" jetzt ein "Ballermann-Pakt"? Heiliger Mickie Krause… Tatsächlich endete die Feier mit dem Rücktritt von Umweltministerin. Ursula Heinen-Esser (CDU). Das Scharrenbach von Wüsts Gnaden noch da ist, liegt aus Sicht der Autoren daran, dass sie erstens fähig und zweitens nun keine Gefahr für den "Machtwandler" mehr ist. House of Cards, Rhede-Style.


Ob da was dran ist – keine Ahnung. Aber es ist eine dieser launigen Anekdoten (oder in diesem Fall: Spekulationen), die das Buch wirklich lesenswert machen. Ich muss zugeben, dass ich einige Seiten überblättert habe, wenn es sehr ins vergangene Innenleben der CDU ging. Dafür ist die Breite der Recherche wirklich einmalig. Viele Medien haben Rezensionen geschrieben und dpa hat die lustigste Anekdote als Einzelmeldung gemacht. Mit der wäre Hendrik wüst, damals auch in der Bunte gelandet, wenn der Vorfall 2018 denn publik geworden wäre: Einbrecher hatten Jagdgewehre aus seiner Wohnung mitgehen lassen.


Um zum Schluss noch mal zum Namensregister zu kommen: Dort (und auch gleichlautend im Text) taucht ein Roman-Autor aus Wüsts Nachttisch-Kanon auf, von dem man bisher noch nie gehört hat: Tom Clany. Spoiler: Gemeint ist Bestseller-King Tom Clancy. Ist dem Lektorat wohl durchgerutscht.



Der Kindler war dicker
192 Seiten, zahlreiche Anekdoten: Die neue Wüst-Biografie. Foto: Oliver Auster

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